So erreichen wir in Zukunft eine Stromversorgung aus zu 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen:

  • Atomstrom wird in den nächsten Jahrzehnten kontinuierlich mit einheimischem Strom aus erneuerbarer Energie ersetzt.
  • Die Wasserkraft bleibt uns als zentraler Pfeiler erhalten, wird aber nicht ausgebaut.
  • Der grösste Zuwachs soll bei der Photovoltaik erfolgen (auf Dächern), gefolgt von der Biomasse (vor allem Holz und Biogas) und der Windkraft. Zusammen mit der Wasserkraft garantiert dieser Mix in der umweltfreundlichsten Art und Weise unsere Versorgungssicherheit.

Verschiedene Zukunftsmodelle bestätigen: Die Bevölkerung und die Wirtschaft werden wachsen und die Elektromobilität zunehmen. Der Verbrauch aber bleibt dank Fortschritten bei der Energieeffizienz stabil, so wie dies schon in den letzten zehn Jahren der Fall war.

Unsere Berechnungen zeigen, dass das nötige Ausbautempo absolut machbar ist. Dies haben auch unsere Nachbarn in den letzten Jahren schon bewiesen. Österreich z. B. war in den letzten vier Jahren beim Wind viermal so schnell unterwegs. Und Luxemburg schaffte unser benötigtes Solar-Tempo schon 2014.

An der dezentralen Stromproduktion können und sollen alle mitmachen dürfen, also auch Sie.

Unsere drei Beispiele unten zeigen, dass Sie sich als Mieter genauso an einer Stromzukunft, die aus erneuerbarer Energie besteht, beteiligen können wie als Hauseigentümer oder Landwirt. Gemeinsam werden wir es schaffen, die Strombarone in den Ruhestand zu setzen.

Der gemeinsame Weg in die «erneuerbare Stromzukunft»
So funktioniert der Atomausstieg, der uns zu einer hundertprozentig einheimischen Stromversorgung aus erneuerbarer Energie führen wird.

energie

Hier Infografik downloaden

Ökostrom beziehen, sich an einem Projekt für Strom aus erneuerbarer Energie beteiligen oder sich gemeinschaftlich für eine Energiegenossenschaft einsetzen: Die folgenden drei Beispiele geben Ihnen eine Idee, wie Sie vorgehen können.

portrait_simone

Simone Knittel 

Als Konsumentin überlege ich mir genau, wofür ich mein Geld ausgebe. Ich will, dass mein Handeln auf mich und meine Umwelt positive Auswirkungen hat. Wenn auf meiner Kleidung «Made in Bangladesh» steht oder das Poulet aus Brasilien stammt, hat das einen schalen Beigeschmack. Dasselbe gilt für Strom. Soll ich bei mir zu Hause das Licht anschalten und dabei an Kernenergie oder an Kohlekraftwerke denken müssen? Oder daran, dass die Stilllegung der AKW und die Entsorgung des Atommülls nicht gelöst ist? Nein danke. Deswegen habe ich habe mich entschieden, Ökostrom zu beziehen. Für Ökostrom nutzt man die natürlichen Elemente der Natur. Er stellt unsere Energieversorgung sicher, ohne der Umwelt oder künftigen Generationen zu schaden. Das kostet mich vielleicht zehn Prozent mehr, als wenn ich den günstigsten Strom aus dem Angebot des Elektrizitätswerks auswähle. Aber das gute Gefühl, wenn ich die Stromrechnung erhalte, ist mir dieses Geld allemal wert. Für qualitativ hochwertige Kleidung und langlebige Möbel gebe ich ja auch gerne mehr aus.

Ich habe mich aus mehreren Gründen für «Strom von hier» entschieden. Erstens ist es einfach. Ich erhalte nicht zwei Rechnungen für meinen Strom und die Zertifizierung, sondern nur eine. Zweitens kostet es mich weniger als ein vergleichbares regionales und umweltbewusstes Produkt meines bisherigen Elektrizitätswerks. Und drittens ist es transparent. Während das örtliche Elektrizitätswerk 40 Prozent der verkauften Energie aus AKW und 7,6 Prozent aus unüberprüfbaren Quellen bezieht, hat «Strom von hier» ausschliesslich Wasser und Sonne im Portfolio.

«Strom von hier» ist ein junges, transparentes Unternehmen, das die lokalen Stromproduzenten unterstützt. Mit dem Geld, das ich für meinen Stromverbrauch zahle, können neue Solaranlagen gebaut werden. Wenn ich in Zukunft die eine oder andere auf den Dächern bei mir in der Region sehe, weiss ich, dass ich sinnvoll investiert habe.

portrait_pablo_niklaus

Pablo Labhardt und Niklaus Schneider

Dem Thema Energie sind wir bereits als Kinder begegnet. Pablos Mutter hat oft erzählt, wie sie als junge Erwachsene an den Demonstrationen gegen das geplante KKW Kaiseraugst teilgenommen habe. Als wir von zuhause auszogen und unseren gemeinsamen Haushalt gründeten, konnten wir auch das erste Mal unser Stromprodukt wählen. Die Wahl fiel auf Ökostrom. Der passte am besten zu unserem nachhaltigen Lebensstil. So achteten wir bereits damals darauf, vorwiegend biologische Lebensmittel zu kaufen, mit dem ÖV zu reisen sowie fair produzierte und langlebige Produkte zu kaufen.

Als wir uns 2014 wegen umwelt und tierethischen Überlegungen entschieden, vegan zu werden, befassten wir uns auch wieder vermehrt mit Konsum, unter anderem dem von Strom. Da wir damals in einem einfachen Mehrfamilienhaus lebten, kam uns das Angebot von ewz.solarzüri, «unsere» Solarzellen auf einem Schulhaus zu montieren, sehr gelegen. Ein Quadratmeter liefert uns nun jedes Jahr so viel Strom, dass wir damit 10 Prozent unseres Verbrauchs decken können. 10 Prozent ist der Beitrag der AKW Beznau 1 und Mühleberg an den Landesverbrauch, wir haben diese also schon mal «ersetzt». Mittlerweile wohnen wir in einem Genossenschaftshaus, das nach Minergie-Standard gebaut wurde und über eine Photovoltaikanlage verfügt. Unseres erstes Stück Solaranlage haben wir selbstverständlich behalten, damit wir und die Umwelt noch jahrelang von diesem sinnvollen Projekt profitieren können.

illu_biogas

Die Biogas-Anlage in Visp (VS), zu der auch ein blubbernder Gärtank gehört, liefert klimaneutralen Ökostrom. Die Betreiber der Anlage, die Biobauern Max Stalder und Herbert Bregy, hatten mit zwei weiteren Berufskollegen schon vor zehn Jahren die Idee gehabt, aus Gülle und Mist Strom zu machen. Heute sind die damaligen Pioniere moderne Biogas-Macher der Zukunft. Ihre Vision ist zum tragfähigen Unternehmen herangereift. Zurzeit fliessen jährlich 1,4 Million Kilowattstunden Ökostrom ins öffentliche Netz.

Die Biobauern haben sich schon in der Anfangszeit zu einer GmbH zusammengeschlossen. Lange mussten sie gegen Vorurteile kämpfen, sich für eine gerechte Entschädigung ihres Stroms wehren und für «sauberen» Nachschub für die Anlage sorgen. Denn zu Beginn fand sich vom Plastiksack bis zur Windel so ziemlich alles in den Sammelcontainern. Also tüftelte Stalder mit einer Transportfirma an einem optimierten Sammelsystem mit nachverfolgbarer Herkunft. Inzwischen werden neben Gülle und Mist vom eigenen Hof auch Gastroabfälle und Bioabfälle von Privat-haushalten aus dem ganzen Oberwallis in der Visper Biogasanlage verwertet.

Diese regionale Entsorgung ist wichtig, denn sonst würden die Abfälle in die «Üsserschwyz» transportiert. Seit zehn Jahren also blubbert und brodelt es in Visp. In einem Vergärungsvorgang, der ohne Sauerstoff abläuft, wird aus organischen Abfällen Gas. Dieses Gas wird durch Verbrennung in zwei Motoren zu 1,5 Millionen kWh Strom (1 Mio. kWh Eigenbedarf) umgewandelt. Das reicht für den Elektrizitätsbedarf von gegen 400 Einfamilienhäusern. Zudem entsteht Abwärme, die ungefähr 80 Tonnen Heizöl entspricht. Diese nutzen die Bauern für Wohnungen und Warmwasser. Und das Schöne an der ganzen Sache ist: Weder Gas noch Strom, noch Wärme aus Biomasse setzen zusätzliches CO2 frei und produziert keinen strahlenden Atommüllabfall. Interessierten Bauern rät Stalder auch heute noch zu einer gemeinschaftlichen Anlage und zur Abklärung des regionalen Potenzials von nicht landwirtschaftlichen Biomasseabfällen. Die Hürden für den Bau einer Biogasanlage sind heute um einiges niedriger als noch vor zehn Jahren.

Aus Dreck kann man kein Gold machen. Aber aus Gülle Strom. Und saubere Energie ohne strahlenden Abfall und ohne zusätzliches CO2 ist ja schon fast so gut wie Gold.